Rechtsprechung Saatguthandel

Achat Urteil des BGH - Az. X ZR 55/86 -

Mit Urteil vom 15.12.1987 hat der BGH entschieden, dass derjenige, der saatfähiges Material an andere abgibt (in den Verkehr bringt), dafür Sorge zu tragen hat, dass sich die in diesem Verkauf liegende Gefahr – nämlich die Aussaat des Materials durch den Käufer – nicht verwirklicht. Insoweit hat der BGH ausgeführt, dass der Verkäufer saat- bzw. pflanzfähigen Materials eine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Züchter hat, wenn er Konsumware, die auch zu Saatzwecken geeignet ist („gekorenes Saatgut“), an einen den Ackerbau betreibenden Landwirt während der Saat- und Pflanzzeit in zur Aussaat geeigneten Mengen verkauft. Für den Verkauf von Vermehrungsmaterial reiche es bereits aus, wenn der Vertreiber eine voraussehbare Vermehrung des vertriebenen [Saat-] Pflanzgutes durch den Abnehmer in Kauf nimmt, ohne die Rechte des Sortenschutzinhabers zu wahren.

Das heißt: Der Verkäufer saat- bzw. pflanzfähigen Materials hat Sorge dafür zu tragen, dass der Käufer das Material nicht aussät und die damit verbundene Verletzung der Rechte des jeweiligen Sortenschutzinhabers unterbleibt. Die Bezeichnung auf der Rechnung als „Futtermittel“ oder „darf nicht zu Saatzwecken verwendet werden“ schließt die Verantwortlichkeit des Verkäufers nicht aus!

Diese Grundsätze hat der BGH jüngst in einem Urteil wiederholt (Konsumgetreide Urteil des BGH, Az. I ZR 194/15) und den einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab des Verkäufers ausgedehnt auch auf Fälle, in denen keine Sortenschutzrechte betroffen sind, bzw. eine Sorte nicht bekannt ist und die Rechtsverletzung ausschließlich auf einem Verstoß gegen das Saatgutverkehrsrecht beruht.

Augen auf beim Verkauf von Konsumware!Konsumgetreide Urteil des BGH - Az. I ZR 194/15 -

Mit Urteil vom 2. März 2017 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass in den Fällen, in denen zur Aussaat objektiv geeignetes Pflanzenmaterial in Verkehr gebracht wird, die „Bestimmung“ zur Aussaat auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens (vor-) verlagert wird, wenn dem Verkäufer aufgrund objektiver Umstände des Verkaufsgeschäfts bekannt ist, dass der Käufer das Material zu Saatzwecken nutzen wird.

Als objektive Umstände im Sinne dieser Entscheidung sind bspw. der Verkauf saat-/pflanzfähigen Materials, in zur Aussaat üblichen Mengen und ggf. Sortierungen, zur üblichen Saat- und Pflanzzeit, an einen Ackerbau betreibenden Landwirt zu nennen. Jedes weitere Merkmal, das geeignet ist, den Saatzweck beim Käufer erkennbar zu machen, ist als ein solcher „objektiver Umstand“ zu bezeichnen.

Immer dann, wenn der Verkäufer den Saatzweck beim Käufer erkennen kann bzw. erkennen muss, verlagert sich die Bestimmung zur Saat („Widmung“) auf den Zeitpunkt des Verkaufsgeschäfts, also nimmt der Verkäufer selbst die Bestimmung vor.

Das heißt: Sobald der Verkäufer erkennen kann, dass der Käufer die Ware säen bzw. pflanzen wird, verkauft er „Saat- bzw. Pflanzgut“ und keine Konsumware. Die Bezeichnung auf der Rechnung als „Futtermittel“ oder „darf nicht zu Saatzwecken verwendet werden“ schließt die Verantwortlichkeit des Verkäufers nicht aus!

Mit dieser Entscheidung bestätig der BGH seine im Achat-Urteil vom 1987 entwickelten Grundsätze zur Sorgfaltspflicht des Verkäufers saat- bzw. pflanzfähigen Materials.

BGH-Entscheidung zum Handel mit Erntegut - Az. X ZR 70/22 -

Unterbliebene Zahlung der Nachbaugebühren gefährdet Vermarktung der Ernte

Die jüngste Erntegut-Entscheidung des BGH bringt Veränderungen beim Absatz von Erntegut
 

Was hat der BGH entschieden?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seiner Erntegut-Entscheidung vom 28. November 2023 (X ZR 70/22) festgestellt, dass Händler von Erntegut geschützter Sorten sicherstellen müssen, dass dieses unter Einhaltung der sortenschutzrechtlichen Bestimmungen erzeugt wurde. Ergreifen sie keine geeigneten Maßnahmen, um eine legale Erzeugung sicherzustellen, verletzen sie mit dem Handel des widerrechtlich erzeugten Materials selbst die Sortenschutzrechte.

 

Wie war der Ausgangsfall des Urteils?

Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, bei dem Landwirte Erntegut an einen Erfassungshändler verkauft hatten, welches aus nichtlizenziertem Saatgut – und damit widerrechtlich – erwachsen war. Das Handelsunternehmen, das keine geeigneten Maßnahmen ergriffen hatte, um sicherzustellen, dass das angekaufte und später weiter gehandelte Material rechtmäßig – unter Einhaltung sortenschutzrechtlicher Bestimmungen – erzeugt worden war, wurde abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

 

Sowohl der BGH als auch die mit dieser Sache vorher befassten

Gerichte stellten übereinstimmend fest, dass Sortenschutzinhaber ihre Rechte auch am Erntegut gegenüber dem Erfassungshändler sowie allen in der Lieferkette folgenden Händlern geltend machen können, wenn es ihnen nicht möglich war, ihre (Primär-)Rechte am Vermehrungsmaterial zum Zeitpunkt der Vermehrung zu wahren.

 

Was macht der Händler, wenn das Erntegut nicht rechtmäßig erzeugt wurde?

Händler haben vor Ankauf die Pflicht, zu überprüfen, ob das Erntegut rechtmäßig erzeugt wurde. Wurde das Erntegut widerrechtlich erzeugt, kann der Händler die Ernte nicht ankaufen, denn der Handel mit solchem Material stellt für den Händler eine eigene Sortenschutzrechtsverletzung dar, die er nicht riskieren kann.

 

Wann ist Erntegut rechtmäßig erzeugt?

Eine Ernte aus geschützten Sorten erwächst grundsätzlich dann rechtmäßig, wenn der Sortenschutzinhaber rechtzeitig eine Lizenzgebühr erhalten hat. Wird Z-Saatgut eingesetzt, wird die Ernte rechtmäßig erzeugt. Dasselbe gilt, wenn Nachbausaatgut eingesetzt wird und der Landwirt die gesetzlichen Nachbaubedingungen einhält.

 

Wann genau ist der Nachbau rechtmäßig?

Nachbau ist immer dann rechtmäßig, wenn eine vollständige Zahlung des betriebenen Nachbaus bis zum 30.06. des betreffenden Wirtschaftsjahres erfolgt. Abgesehen von den Fällen, in denen eine Verpflichtung zur Nachbaumeldung (Auskunftserteilung) besteht, können die Nachbaugebühren selbst errechnet und müssen dann bis zum 30.06. desselben Wirtschaftsjahres direkt an die STV überwiesen werden. Wird der Nachbau zu spät (nach dem 30.06.) oder unvollständig gemeldet oder wird die Nachbauentschädigung nicht fristgerecht bezahlt, handelt es sich nicht um rechtmäßigen Nachbau. Wir empfehlen Ihnen die vollständige Meldung des Nachbaus bis zum 30.06., denn dann erhalten Sie bequem eine Nachbaurechnung und können diese innerhalb des gesetzten Zahlungsziels begleichen.

 

Was sollten Landwirte jetzt tun?

Wir empfehlen, den Händler anzusprechen, an den die Ernte verkauft werden soll. Mit diesem sollte frühzeitig geklärt werden, auf welche Weise er die rechtmäßige Erzeugung der Ernte sicherstellen wird und welche Dokumente er ggf. einsehen möchte.

Die meisten Landwirtinnen und Landwirte bezahlen die Nachbaugebühren bereits pflichtgemäß. Diejenigen, die ihren Nachbau bisher nicht oder nicht vollständig gemeldet bzw. gezahlt haben, sollten ihr Verhalten ändern und sich ab sofort an die Nachbaubedingungen halten. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass der Handel die Ernte nicht aufnimmt und die Vermarktung der Ernte damit gefährdet ist.